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Course in Lubenice with Gustav Weiss


Course in Lubenice with Gustav Weiss ( in German language)

 

Dieser Kurs besteht aus zwei Teilen:


1. im Herstellen einer Masse, die im offenen Feldbrand erhitzt werden kann;
      danach Abformen von Gesteinsstrukturen in der Natur (ein Verfahren, das von Max       
      Ernst seit 1939 angewandt wurde; er nannte es„décalcomanie“);
2. im Brennen der angefertigten Stücke im Freien.

Zu 1)
Im Gegensatz zu den Bränden, die mit vorgeschrühter Keramik im Rakuverfahren, im Kapsel- oder Grubenbrand durchgeführt werden, soll in diesem Kurs gezeigt werden, wie man rohe, nur getrocknete Stücke im Freien brennen kann. Ausgangspunkt ist die neolithische, von Archäologen als „cooking pot ware“ (Kochtopfware) bezeichnete Keramik, die aus einem Ton mit Zusatz von grobem Kalkstein, Marmor oder Muschelkalk hergestellt wurde. (Siehe „Keramik – die Kunst der Erde“, Seite 34.) Wir wollen eine solche Keramik aus einem beliebigen (örtlichen)Töpferton mit zerkleinertem Kalkstein oder Muschelschalen herstellen.

Dieses Verfahren widerspricht der allgemeinen Auffassung, dass man für eine Keramik für Erlebnisbrände eine schamottierte Masse braucht und dass diese Masse eine geringe Wärmeausdehnung dadurch erhält, dass man in ihr den Kalk vermeidet oder dass man sie so hoch brennt, bis der Kalk sich mit Kieselsäure zum Wollastonit verbindet. Hier ist das Überraschende, dass die erforderliche Temperaturwechselfestigkeit gerade mit Kalk und bei einer niedrigen Temperatur erzielt wird.
Die Kochtopfware wurde schon im 3.Jahrtausend v.Chr. in Nordmesopotamien hergestellt, um Mahlzeiten auf dem offenen Feuer zu kochen. Ausgrabungen aus der mittelassyrischen Zeit ergaben einen rotbrennenden Ton (mit 6,00 bis 6,96 % Fe2O3) mit 3,99 bis 4,72 % MgO und 20,1 bis 22,4 % CaO. Das würde einem Zusatz von 35,7 bis 40,7 % an Muschelschalen, zerkleinertem Marmor oder Kalkstein entsprechen. 4% MgO würde man aus 8,4% Magnesitgestein oder 4,5% kaustischem Magnesit erhalten. Da aber die kleinen örtlichen Tonvorkommen gewöhnlich kalkhaltig sind, und da ein zugesetzter Kalkstein immer etwas durch Magnesium verunreinigt ist, genügt es, wenn man dem Töpferton etwa 35 % Kalkstein zusetzt.

Die günstigen Eigenschaften der groben Kalkmagerung sind Wärmeleitfähigkeit und Temperaturwechselbeständigkeit, die sonst bei einer gewöhnlichen Keramik keine Rolle spielen. Diese Eigenschaften können durch grobe Magerung und große Porosität verbessert werden. Die Wärmeausdehnung des Kalksteins ist etwa gleich große wie die eines rot brennenden Töpfertones, so dass innere Spannungen beim mehrmaligen Erhitzen nicht auftreten. Die erreichte Temperatur kann man an der Brennfarbe des Tones erkennen. Die Brenntemperatur unterhalb 900°C zeigt bei einem kalkreichen Ton im oxidierenden Brand eine rötliche Farbe, oberhalb 950 bis 1000°C gelbe bis olivgrüne Farben.
Um den Kalk (Calciumkarbonat) beim Brand nicht zu zerstören, d.h. sein Kohlendioxid nicht auszutreiben, darf diese Keramik nicht längere Zeit oberhalb 700°C im oxidierenden Feuer gebrannt werden. In reduzierender Atmosphäre kann die Temperatur höher sein. Die Brenntemperatur muss andererseits so hoch sein, dass der Hauptanteil der Tonminerale reagieren (das Kristallwasser abgeben) und damit überhaupt erst eine gegen Wasser beständige Keramik mit einer gewissen Festigkeit entstehen kann. Dies ist in Abhängigkeit von der Brenndauer ab etwa 500 bis 600°C der Fall. Das Brennen kann ohne Ofenkonstruktion im offenen Feldbrand erfolgen.

Zu 2.)
In Erlebnisbränden mit vorgeschrühter Keramik lassen sich vielerlei Effekte erzielen, die auch in diesem Einbrandverfahren mit ungeschrühten, lufttrockenen Gegenständen möglich sind. Dort verwendet man verschiedene Chemikalien, wie sie in dem Buch „Niedrigbrand“, das soeben im Hanusch-Verlag Koblenz erschienen ist, beschrieben sind. Hingegen wollen wir hier nur naturorientiert mit den ländlichen Gegebenheiten arbeiten. Deshalb kommt für diesen Kurs nur der Schwarzbrand in Frage. Dazu sollen die Gegenstände, auch wenn sie Reliefs von Gesteinsabklatschen („décalcomanien“) enthalten, poliert werden. Das wären dann mattschwarze Gegenstände oder rote Muster auf schwarzpoliertem Grund. Dazu orientieren wir uns an den Arbeitsmethoden der Pueblo-Indianer, die auf Vorbilder aus präkolumbianischer Zeit zurückgehen, und verwenden nach dem Vorbild der Ewe in Ghana als Reduktionsmittel Maiskolben, weil diese reich an Polysachariden sind. Diese Methoden sind in „Workshop I“ beschrieben.

Zunächst wird ein kleiner Teil des Töpfertones aufgeschlämmt und das Feine als Politurschlicker aufgetragen. Die Feinheit der Teilchen trägt zum Glanz und zur Dichtheit bei.
Zum Brennen wird eine Grube, etwa 60 cm tief mit 1 m Durchmesser, angelegt. Sie wird am Boden mit Holzschnitzeln belegt, die beim Fällen von Bäumen mit der Axt anfallen. Es ist eine Mischung aus Hart- und Weichholz. Zur Vorbereitung des Brandes wird die Grube mit brennbarem Material (Stroh und dürren Zweigen) ausgebrannt und auf diese Weise trockengelegt. Es soll sich eine Ascheschicht bilden. Dann werden die Holzschnipsel und kleingebrochene, trockene, von Körnern befreite Maiskolben eingefüllt, und darauf  und dazwischen die rohe, gut getrocknete Keramik eingesetzt. Dazwischen können Lappen gestopft werden, die vorher eine Nacht in eisenhaltigem Salzwasser gelagert waren und getrocknet wurden. Das Chlor des Kochsalzes verflüchtigt das Eisen, das auf diese Weise auf die Keramik gelangt und als Katalysator die Kohlenstoffeinlagerung begünstigt. Der Grubenbesatz wird in Brand gesetzt, während weitergebaut wird. Es muss zügig gearbeitet werden, weil die Grube bereits brennt. Das Feuer frisst sich von oben nach unten durch. Beim weiteren Aufbau werden seitlich vier Öffnungen vorgesehen, die beim weiteren Feuerfortschritt geschlossen werden. Über dem Grubenbesatz werden mehrere Lagen Holzscheite aufgehäuft und darüber Grassoden auf Lücke gesetzt wie bei einem Mauerwerk, um den Brand dicht abzuschließen. Die Aufhäufung über dem Boden soll etwa 80 cm hoch sein. Im Gegensatz zur neolithischen Keramik, die im offenen Feuer gebrannt werden konnte, muss also bei unseren Versuchen die Brennstelle abgedeckt werden, weil das entstehende Furfural flüchtig ist. Bei niedriger Temperatur (um 600°C) bildet sich aus ihm Hochglanzkohlenstoff, bei höherer Grauglanzkohlenstoff. Diese Temperatur entspricht der Forderung der Kochtopfware nach einer niedrigen Brenntemperatur. Neben dem Hochglanzkohlenstoff bildet sich unterhalb 650°C auch Ruß, der mit einem Lappen nach dem Brand abpoliert werden muss. Durch die reduzierende Brennweise wird auch völlige Wasserdichtigkeit bei den prähistorischen Brenntemperaturen erzielt.
Die Grube wird nach 24 Stunden geöffnet.
Die unpolierten Reliefmuster bleiben nach dem Brand mattschwarz auf hochglänzendem Grund. Sie können einer sauerstoffreichen Flamme ausgesetzt werden, wodurch der eingelagerte Kohlenstoff verbrennt. Man erhält dann rote Stellen in der schwarzglänzenden Oberfläche.

 

 
12.12.2024 - 06:42